
Am 21. Februar 2025 haben wir den Film Das Recht, Rechte zu haben zusammen mit dem boat people projekt in der OM10 in Göttingen gezeigt.
Der Film geht darauf ein, was es bedeutet, eine deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen oder nicht zu besitzen oder gar staatenlos zu sein. Neben einigen grundlegenden Informationen zum Thema, erzählen Einzelpersonen verschiedener Herkunft über ihre eigene Erfahrung.
Einige von ihnen sind in Deutschland geboren und ohne deutsche Staatsangehörigkeit aufgewachsen – ein Aspekt, der viele Menschen hierzulande immer wieder in Erstaunen versetzt. Vielen ist nicht bewusst, dass man bei der Geburt nicht automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt. Dies liegt daran, dass die deutsche Nation auf dem ius sanguinis (wörtlich übersetzt heißt das Blutrecht, wird aber meistens Abstammungsprinzip genannt) basiert. Das bedeutet, dass Deutsch ist, wer von Deutschen abstammt. Dieses Recht wurde zwar im Jahr 2000 reformiert, so dass auch Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen können, die nicht von Deutschen abstammen. Jedoch bleibt dies in der Praxis schwierig. Immer wieder erleben wir daher auch, dass junge, hier geborene Roma, deren Eltern vor den Kriegen in Jugoslawien geflohen sind, abgeschoben werden.
Ein Teil von ihnen ist, wie auch andere Menschen, die in Deutschland geboren wurden, staatenlos. Oft wissen insbesondere die Kinder selbst nicht, dass sie staatenlose sind und sie daher nicht die gleichen Rechte haben, wie andere Menschen. Auch die Staatenlosigkeit wird von den Eltern an die Kinder „vererbt“. Leider wird die Staatenlosigkeit vielfach nicht als solche anerkannt. Das bedeutet für die Betroffenen dann, dass sie keinen Aufenthaltstitel bekommen können und im Nirwana der Duldung verbleiben. Für viele bedeutet das dann auch, dass sie abschiebbar sind. Insbesondere in die „Westbalkanstaaten“ werden Menschen auch ohne Pass abgeschoben. In der Regel handelt es sich bei de facto Staatenlosen, die in diese Länder abgeschoben werden, um Roma.

Roma, Sinti und jüdischen Menschen wurde die deutsche Staatsbürgerschaft in der Zeit des Nationalsozialismus aberkannt. Diejenigen, die überlebten und aus den Lagern nach Deutschland zurückkehrten, waren nach dem Krieg staatenlos. Bis heute gibt es Sinti, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht zurückbekommen haben.
Ein Teil der Protagonist:innen des Films ist mittlerweile eingebürgert und kann berichten, was dieser Unterschied für sie bedeutet – zum Beispiel sich mit mehr Sicherheit für Menschenrechte einsetzen zu können. Politisches Engagement ist gerade für Geflüchtete und Menschen in aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit mit Hindernissen verbunden. Sie müssen permanent selbst kämpfen – darunter fällt insbesondere auch, hart zu arbeiten, um den Lebensunterhalt zu sichern. Da die meisten von prekärer Beschäftigung abhängig sind und entsprechend wenig verdienen, wird Engagement zu einem Privileg, das sich nur wenige leisten können.
Gleichzeitig wird Geflüchteten Angst vor politischem Engagement gemacht. So werden sie etwa davor gewarnt, sich an Demonstrationen zu beteiligen, da sie sonst abgeschoben werden könnten. Das wirkt, und viele haben Angst, sich für ihre Rechte einzusetzen.

Das Bündnis Pass(t) uns allen, zu dem auch das Roma Center gehört, fordert seit seinem Beginn, das ius soli in Deutschland umzusetzen, also das Geburtsortprinzip. Das bedeutet, wer hier geboren ist, soll das Recht auf deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Auch in der Veranstaltung wurde noch einmal bekräftigt, wie wichtig es ist, kollektive Forderungen wie die nach dem Geburtsortprinzip zu stellen. Neben dem Recht auf Staatsbürgerschaft von Anfang an, müssen Menschen auch, wenn sie nach Deutschland fliehen oder migrieren, das Recht auf Bildung und Arbeit haben. Denn es hat bis heute gravierende Folgen, dass vielen Menschen, darunter auch den geflüchteten Roma aus Jugoslawien dieses Recht über lange Jahre vorenthalten blieb. Menschen, die heute aus sogenannten sicheren Herkunftsländern nach Deutschland fliehen, wird das Recht auf Arbeit verwehrt. Das bedeutet, dass sie nicht einmal die Chance haben, jemals die sogenannten Integrationsleistungen vorzuweisen, die notwendig wären, einen Aufenthalt und, auf lange Sicht, eine Einbürgerung beantragen zu können.
Aus der Veranstaltung ging das Bedürfnis hervor, dass wir mehr Aufklärung zu dem Themenkomplex machen müssen. Das betrifft zum einen Politik, Medien und Öffentlichkeit, aber speziell auch Schulen.
Und gleichzeitig kann die Forderung nach dem Geburtsrecht auf deutsche Staatsangehörigkeit als einigendes Element für viele verschiedene Gruppen dienen, die sonst isoliert kämpfen müssten.
Darüber hinaus brauchen wir aber auch eine breitere Solidarität und Verbindung der Kämpfe. Denn vielfach überschneiden sich die Probleme und Kämpfe mit denen anderer Gruppen, etwa der Alleinerziehender, Wohnungsloser und anderer.
Die Fotos stammen von der Veranstaltung am 21. Februar 2025 in der OM10 in Göttingen.
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